Das Farbsehen entsteht dadurch, dass bestimmte Rezeptoren (die Zapfen) auf der Netzhaut im hinteren Bereich des Auges selektiv nur durch Licht bestimmter Wellenlängen angeregt werden.
Farbsehen ist ein physiologischer und ein psychologischer Prozess. Die Rezeptoren werden durch das auftreffende Licht angeregt und diese Erregung wird als Information über den Sehnerv ins Gehirn gebracht (physiologischer Prozess); dort wird die Information verarbeitet und das Bild zusammen gesetzt. Erst dann „sehen wir bunt“ (psychologischer Prozess).
Farbenblindheit kann also auch entstehen, wenn das Gehirn mit den Informationen von der Netzhaut nichts anfangen kann. Sehr viel häufiger ist allerdings der Fall, dass auf der Netzhaut bestimmte Zapfentypen fehlen – und dadurch das Gehirn nur mit eingeschränkten Informationen versorgt wird. Es gibt beim Menschen 3 Zapfentypen: „L“ reagiert auf Licht langer Wellenlängen (= Farbspektrum rot); „M“ reagiert auf mittlere Wellenlängen (= Farbspektrum grün); „S“ reagiert auf kurze Wellenlängen (Farbspektrum blau). Aus der Kombination dieser drei Farben ergeben sich alle anderen Farben, die Menschen sehen und benennen können.
Hunde haben dagegen nur 2 Zapfentypen und können demnach nur in 2 Bereichen des Farbspektrums Farben wahrnehmen: blau-violett und gelb-grün. Mit anderen Worten: zumindest vom Aufbau der Netzhaut her kann man Hunde als „rot-grün-blind“ bezeichnen. Was man aber nicht vergessen darf ist der psychologische Aspekt dabei. Ob das Hundegehirn Licht der Wellenlänge „blau“ wirklich genauso darstellt wie ein Menschengehirn, wissen wir letztendlich gar nicht. Nur weil Menschen etwas als „blau“ bezeichnen, bedeutet das noch lange nicht dass ein anderes Tier es auch als „blau“ bezeichnen würde.
Zur Autorin:
Dr. Barbara Schöning ist BHV-Gründungsmitglied und seither in verschiedenen Gremien und Arbeitskreisen aktiv. Sie ist Tierärztin mit Zusatzbezeichnung Tierverhaltenstherapie, Fachtierärztin für Verhaltenskunde, Fachtierärztin für Tierschutz und betreibt seit 1997 in Hamburg eine Praxis für Tierverhaltensmedizin (mit angegliederter Hundeschule, www.struppi-co.de); seit 2000 zusammen mit Dr. Kerstin Röhrs als Gemeinschaftspraxis. Sie ist Autorin zahlreicher Fachartikel und Bücher zum Thema Verhalten bei Haustieren. Darüber hinaus ist sie Referentin auf nationalen und internationalen Kongressen und Lehrgängen sowie beim Lehrgang zum Hundeerzieher und Verhaltensberater IHK|BHV. Berufspolitisch ist sie u. a. Präsidentin der LTK Hamburg und Präsidiumsmitglied in der BTK gewesen, sowie aktuell Vorsitzende der Gesellschaft für Tierverhaltensmedizin und –therapie (GTVMT). Zudem war sie 12 Jahre (bis 2020) Präsidentin der European Society for Clinical Veterinary Ethology (ESVCE) und knapp 20 Jahre (bis 2021) Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des VDH.
